Ferien auf dem Bodensee – 3 Wochen auf unserem Boot
Schon Monate vor unserem Törn ist die Vorfreude riesig. Drei Wochen wollen wir auf dem Bodensee verbringen – nur wir und unser neues Segelboot. Gleichzeitig schwingt eine gewisse Unsicherheit mit: Schaffen wir das? Wir haben zwar seit zwei Jahren ein Segelpatent, aber kaum praktische Erfahrung. Fragen tauchen auf: Wie kommen wir mit der Enge klar? Was ist mit Kochen an Bord, ohne Toilette, ohne festen Plan? Finden wir Hafenplätze, wenn es voll ist? Und wie würden wir in schwierigen Situationen reagieren?
Die erste Herausforderung zeigt sich schon an Land: Was nehmen wir mit? Platz ist auf einem Boot extrem begrenzt, und so wird uns schnell klar, dass gute Planung entscheidend ist. Am Ende haben wir – wie wohl fast jeder Anfänger – viel zu viel dabei.
Anfang August legen wir bei herrlichem Wetter in Bodman ab. Das Gefühl, endlich los zu segeln, ist unbeschreiblich: Freiheit pur, nur vom Wind getragen. Unser Plan: kein Plan. Wir wollen dorthin, wohin uns Wind und Wetter treiben würden.
Das erste Ziel ist der Yacht-Club Überlingen. Um dort einen Platz zu bekommen, muss man den Hafenmeister anrufen – früh am Tag, aber nicht vor 12 Uhr. Wir haben Glück und dürfen in einer sehr gepflegten Anlage festmachen. In wenigen Gehminuten sind wir in Überlingen, einer charmanten Stadt mit vielen Möglichkeiten. Dort verbringen wir zwei wunderschöne Tage, genießen die Stadt, den Austausch mit anderen Seglerinnen und Seglern, von Ferne das Feuerwerk des Konstanzer Seenachtsfestes und das Gefühl, die erste Etappe gemeistert zu haben. Ein Tipp: das Restaurant Keller Werft, das man gut zu Fuß erreichen kann, mit sehr leckerem Essen und einem schönen Ambiente direkt am Wasser.
Unser zweiter Stopp auf der Reise ist Dingelsdorf auf der anderen Seeseite. Schon bei der Anfahrt merken wir: hier geht es etwas ruhiger zu. Den Hafenmeister erreichen wir nicht – ein kurzer Moment der Unsicherheit. Doch gleich bei der Einfahrt entdecken wir ein grünes Schild an einem Liegeplatz. Das bedeutet: frei, wir dürfen hinein. Bezahlt wird unkompliziert am Automaten, ganz ohne Hafenmeisterbüro und feste Öffnungszeiten. Der Hafen selbst überrascht uns: klein, überschaubar, aber sehr gepflegt. Es ist diese besondere Mischung aus Ruhe und Charme, die sofort eine angenehme Stimmung erzeugt. Dingelsdorf wirkt fast ein wenig altmodisch – aber genau das macht es so liebenswert. Wir spazieren über den langen Steg, lassen den Blick über den See schweifen und fühlen uns sofort angekommen.
Abends gönnen wir uns ein hervorragendes Essen im Gasthaus Seeschau, ein Restaurant im 70er-Jahre-Stil, das uns mit seiner nostalgischen Einrichtung und herzlichen Atmosphäre zum Schmunzeln bringt. Nachträglich betrachtet wird Dingelsdorf für mich zu meinem Lieblingshafen: kein Trubel, kein Gedränge, dafür Ruhe, Authentizität und eine warme, fast familiäre Stimmung.
Ein Ort, der sich tief einprägt, gerade weil er unscheinbar wirkt – und vielleicht genau darin seine Schönheit entfaltet. Ein schöner Abstecher, um sich ein wenig die Füße zu vertreten und die schöne Bodenseelandschaft zu genießen, ist ein kleiner Spaziergang zum Burghof oberhalb von Wallhausen, ein uriges Wirtshaus mit leckerem Kuchen und Mittagessen.
Ein besonderer Abstecher führt uns zum Fliesshorn. Unser Ziel dort: die Gaststätte Fließhorn, ein thailändisches Restaurant direkt auf dem Campingplatz, von dem wir schon viel gehört haben. Und tatsächlich – das Essen ist wunderbar, frisch, würzig, exotisch. Ein echter Geheimtipp am Bodensee. Wir lernen aber auch schnell: Wer hier essen möchte, sollte unbedingt reservieren, denn die Plätze sind begehrt. Das Anlegen am Kopfsteg ist allerdings eine kleine Herausforderung. Bei Wellen und Wind drückt es uns seitlich ab und wir brauchen mehrere Anläufe, bis wir sicher fest sind. Der Adrenalinspiegel steigt kurz, die Erleichterung danach ist groß. Solche Manöver zeigen uns immer wieder, dass wir noch viel lernen können – aber auch, dass wir mit Geduld und Teamarbeit alles schaffen. Während wir essen, behalten wir unser Boot im Blick. Ab und zu gehen wir nachsehen, ob noch alles sicher liegt. Ein bisschen Sorge schwingt immer mit, doch gleichzeitig wächst das Vertrauen in unsere Leinen und Knoten. Am Ende genießen wir das Essen entspannt und sind stolz, dass wir auch diesen Stopp gemeistert haben.
Immer wieder merken wir, wie wichtig die kleinen Handgriffe sind, die man an Land leicht vergisst. Knotenzum Beispiel: Ohne sie geht gar nichts. Beim An- und Ablegen, beim Festmachen im Hafen oder beim Sichern von Segeln – immer wieder greifen wir auf dieselben zurück. Besonders zwei Knoten begleiten uns ständig: der Palstek und der Webleinstek. Wer diese beiden sicher beherrscht, ist schon auf der sicheren Seite. Wir stellen fest: Üben lohnt sich – und am besten nicht erst im Hafen bei Wind und Welle, wenn alle zuschauen, sondern vorher in Ruhe. Einmal im Griff, werden diese Handgriffe zu einer Selbstverständlichkeit, die viel Sicherheit gibt.
Die nächste Etappe führt uns nach Konstanz. Auch hier gilt: Wer einen Platz möchte, sollte rechtzeitig den Hafenmeister anrufen, während seiner Mittagspause ist er nicht erreichbar. Schon von weitem ist die Stadt beeindruckend: die Silhouette mit der Imperia, das rege Treiben, die Mischung aus Geschichte und modernem Flair. Konstanz lohnt sich unbedingt zum Erkunden. Wir bummeln durch die Altstadt, genießen das bunte Leben und lassen uns treiben. Zum Frühstück können wir das Pano Brot & Kaffee empfehlen – frisch, lebendig, einfach köstlich. Am Abend ziehen uns die kleinen, typischen Weinstuben in ihren Bann: gemütlich, herzlich, ein Stück Bodensee-Kultur.
Gestärkt und voller Eindrücke setzen wir am nächsten Morgen die Segel – der Wind trägt uns diesmal in die Schweiz. Eigentlich hatten wir Altnau im Blick, landen aber nach einem Buchungsmissverständnis in Arbon. Zum Glück gibt es dafür digitale Helfer: Die Apps Pompomela und Boatpark sind Gold wert. Inzwischen kann man in vielen Häfen über diese Apps am gleichen Tag ab 12 Uhr Plätze buchen. Das gibt uns ein gutes Gefühl: Wir müssen nicht mehr zu festen Zeiten den Hafenmeister erreichen, sondern können den Tag nach Lust und Laune segeln und wissen trotzdem, dass ein Platz auf uns wartet.
Sogar die Zugangscodes zu den Sanitäranlagen kommen bequem per Mail – moderner Segelkomfort, wie wir ihn nicht erwartet hätten.
Arbon selbst ist eine kleine, nette Stadt. In der Innenstadt ist nicht allzu viel los, doch am Hafen finden wir, was wir brauchen: ein Kiosk mit leckerem Kaffee, ein Restaurant mit großem Außenbereich direkt am Wasser – perfekt für einen entspannten Abend.
Hier tanken wir zum ersten Mal. Der Vorgang klappt problemlos, zumindest glauben wir das. Erst zu Hause stellen wir fest: Wir haben den Tankvorgang nicht richtig abgeschlossen. Das nächste Boot, ein großes Motorschiff, hat also munter auf unsere Rechnung getankt. Eine teure Lektion, die uns bestimmt nicht noch einmal passiert. Trotzdem überwiegt die Freude: Wir sind unterwegs, jeden Tag an einem anderen Ort, mit unserem Boot und dem Wind als Wegweiser. Jede Etappe bringt neue Überraschungen – kleine Herausforderungen, aber auch große Momente der Freiheit.
Nach zwei Nächten in Arbon heißt es für uns wieder: Leinen los! Wir setzen über den See nach Langenargen. Unser Ziel dort: Segelzubehör einkaufen – denn schon nach wenigen Tagen haben wir gemerkt, dass wir noch längst nicht alles an Bord haben, was wir wirklich brauchen. Die Marina von Langenargen ist beeindruckend groß. Wir bekommen im BMK Hafen Langenargen einen Platz und reservieren gleich für zwei Nächte. Der Hafen ist sehr geschützt, die Anlage gepflegt und mit netten Extras wie Grillmöglichkeiten ausgestattet. Besonders beliebt ist der Schuppen 13, ein Restaurant direkt am Hafen. Man sollte unbedingt im Voraus reservieren – wir haben es leider nicht geschafft und keinen Platz mehr bekommen.
Beim Einkaufen schlagen wir zu: Eine Notbeleuchtung, eine rote Flagge und neue Leinen landen im Gepäck. Die wichtige Regel: Man darf in den Häfen nicht einfach die Leinen der eigentlichen Platzinhaber nutzen, haben wir bereits gelernt. Alles muss selbst mitgebracht werden. Das Angebot in Langenargen ist riesig, ich könnte locker noch viel mehr kaufen – aber unser Boot ist klein, und jeder zusätzliche Gegenstand bedeutet weniger Bewegungsfreiheit. Vernunft siegt.
Von Langenargen segeln wir weiter nach Lochau, am österreichischen Ufer. Dort haben wir uns eine Wanderung auf den Pfänder vorgenommen. Der Aufstieg lohnt sich: Von oben eröffnet sich ein atemberaubender Blick über den Bodensee und den Rheinzufluss – ein Panorama, das uns noch lange in Erinnerung bleiben wird. Das Highlight nach unserer Wanderung auf den Pfänder ist der Besuch im Badehaus am Kaiserstrand. Nach dem Abstieg kehren wir ein, lassen uns auf der wunderschönen Terrasse nieder und genießen ein Glas Weißwein mit Blick über den See. Sonne, Wasser, Berge – ein Moment zum Innehalten, ein Stück Urlaubsglück, das sich tief einprägt.
Der Hafen in Lochau ist klein, aber sehr charmant. In der Mitte liegt eine ausrangierte Fähre, das Café-Restaurant Alte Fähre – ein besonderer Anblick, der gleich zum Verweilen einlädt. Und dann das Highlight: die Bregenzer Festspiele. Ganz unkompliziert fahren wir mit dem Zug nach Bregenz und erleben dort einen wunderschönen Abend unter freiem Himmel, mit Musik und Bühne direkt am Wasser. Das Wetter spielt perfekt mit und wir sind rundum glücklich.
Auch in Lochau funktioniert die Buchung wieder problemlos über die App – ein beruhigendes Gefühl, wenn man weiß, dass am Ende des Tages ein Platz auf einen wartet.
Ein neuer Tag auf dem Boot beginnt. Heute steht weniger das Segeln im Vordergrund, sondern das Bordleben. Wir nehmen uns Zeit für die vielen kleinen Dinge, die auf einem Schiff immer anfallen und die man gerne unterschätzt. Zuerst tauschen wir ein paar Mastrutscher – eine Arbeit, die Geduld erfordert, aber sofort spürbar macht, wie wichtig jedes kleine Detail für die Sicherheit und Handhabung der Segel ist. Dann widmen wir uns dem Petroleumkocher, unserem Herzstück in der Bordküche. Die Inbetriebnahme ist ein kleines Abenteuer für sich: Zischen, Fauchen, Flammen, die kurz hochschlagen – ein wahres kleines Monster unter Deck. Doch als es schließlich ruhig und gleichmäßig brennt, sind wir erleichtert: funktionstüchtig! Kaffee und Nudeln sind damit gesichert. Weniger erfolgreich fällt der Versuch aus, den Kühlschrank wieder zum Laufen zu bringen. Wir probieren, tüfteln, klopfen, aber am Ende bleibt er stumm. Eine kleine Niederlage – doch auf einem Boot muss man lernen, flexibel zu sein. Dann gibt es eben kühle Getränke nur solange der Vorrat reicht und später improvisierte Lösungen.
Am Nachmittag gehen wir raus auf den See und üben bewusst: Reffen und Vorsegel wechseln. Das sind Handgriffe, die man im Notfall beherrschen muss – und wir merken, wie ungewohnt und zugleich wichtig es ist, diese Abläufe bei ruhigem Wetter einzuschleifen. Immer wieder rollen wir Segel ein, setzen neu, tauschen durch. Es ist anstrengend, aber am Ende sitzen die Handgriffe etwas sicherer. Wir spüren, wie das Boot auf jede kleine Veränderung reagiert, wie Wind und Segel ein Zusammenspiel eingehen – ein faszinierendes Gefühl, das uns Vertrauen gibt. So geht ein Tag vorbei, an dem wir gar nicht viele Seemeilen gemacht haben, aber vielleicht mehr gelernt haben als sonst. Segeln, das verstehen wir langsam, bedeutet nicht nur unterwegs zu sein, sondern auch immer wieder am Boot selbst zu arbeiten, zu üben, zu lernen. Und genau das macht die Reise so intensiv.
Am nächsten Tag segeln wir weiter zur Insel Lindau. Wir haben in Lochau Freunde an Bord genommen, die begeistert von der schönen Kulisse und vom Segeln sind. Die Einfahrt in den Hafen ist beeindruckend: Zwischen den steinernen Löwen hindurch gleiten wir in das Herz der Stadt. Unser Liegeplatz liegt ganz vorne an der Promenade – zentral, mitten im Geschehen, aber eben auch alles andere als intim. Dafür haben wir die Stadt direkt vor der Kajütentür.
Lindau Insel begeistert uns sofort: kleine Gassen, hübsche Geschäfte, Plätze zum Bummeln und Verweilen. Wir lassen uns treiben, genießen das Flair und merken, wie schnell die Zeit vergeht. Zur Krönung gönnen wir uns in der folgenden Nacht einen Aufenthalt im Bayerischen Hof – luxuriös, bequem, ein großes Bett mit weißen Laken. Doch schon am Morgen sind wir uns einig: Es ist schön, aber unser Platz ist eigentlich an Bord. Wir vermissen das leichte Schaukeln, die Enge, die Nähe zum Wasser. Lieber zurück auf unser Boot, als in einem noch so weichen Hotelbett.
Dann endlich: Wind! Bisher war die Brise meist eher lau gewesen, heute aber fordert uns der See heraus. Zwischen Lindau und Bad Schachen kreuzen wir immer wieder hin und her. Das Boot legt sich in den Wind, die Segel spannen sich, Gischt spritzt über das Deck.
Zum ersten Mal fühlen wir uns so richtig als Segler – gefordert, konzentriert, aber auch voller Freude. Am Abend sind wir regelrecht erschöpft.
Nach einer ruhigen Nacht, schlägt das Wetter um. Dunkle Wolken ziehen über den See, der Wind frischt auf und die Wellen werden unruhiger. Wir beschließen, nicht lange zu überlegen, sondern nach Hard zu segeln – uns wurde dort ein Bootsbauer empfohlen, der sich unseren Tiefengeber anschauen soll. Wir haben zwar ein neues Garmin-Gerät, doch der Tiefengeber will nicht so, wie er soll. Für erfahrene Segler vielleicht ein kleines Problem, aber für uns Greenhorns ist es eine ständige Unsicherheit: Reichen die 1,30 Meter Tiefgang wirklich überall? Oder sitzen wir plötzlich fest? Die Einfahrt in den Hafen von Hard ist beeindruckend. Gleich zu Beginn erblicken wir die Hohentwiel, majestätisch vor Anker – ein imposantes Schiff, das sofort Erinnerungen an vergangene Zeiten wachruft. Im Vergleich wirkt unser kleines Segelboot winzig, aber auch frei und beweglich. Der Hafen selbst ist riesig und voller Leben. Direkt am Wasser finden wir eine Strandbar, in der man nicht nur den Sonnenuntergang genießen, sondern auch wunderbar frühstücken kann. Ein Hauch von Südsee-Atmosphäre am Bodensee – barfuß im Sand, mit einem Kaffee in der Hand.
Am nächsten Tag kümmern wir uns um unser eigentliches Anliegen: den Tiefengeber. Der Bootsbauer nimmt sich Zeit, prüft Kabel, Kontakte, Anschlüsse. Wir hoffen, dass das Problem gleich gelöst ist – doch am Ende müssen wir enttäuscht feststellen: Der Tiefengeber bleibt stumm. Nichts zu machen. Ein kleiner Dämpfer, denn gerade dieses Gerät wäre für unsere Sicherheit und unser gutes Gefühl wichtig.
Wer mit dem eigenen Boot den Bodensee erkundet, sollte nicht nur auf eine gute Ausrüstung, sondern auch auf die richtige Bordbibliothek setzen. Zwei Titel haben sich als unverzichtbare Begleiter etabliert:
- „Leg an!“
Dieser Hafenführer gilt als Standardwerk für den Bodensee. Er enthält alle relevanten Informationen zu den Häfen am deutschen, österreichischen und schweizerischen Ufer. Übersichtliche Karten und Fotos erleichtern das Anlegen und Navigieren, dazu gibt es praktische Hinweise zu Liegeplätzen, Service und Infrastruktur. Für alle, die unterwegs Sicherheit und Klarheit schätzen, ist „Leg an!“ kaum zu ersetzen. - „Der Bodensee“
Dieses Buch richtet sich nicht nur an Segler, sondern an alle, die den See in seiner Vielfalt kennenlernen möchten. Neben nautischen Informationen liefert es Hintergründe zu Natur, Kultur und Geschichte der Region. Damit verbindet es nützliche Fakten mit einem inspirierenden Blick auf das Revier.
Beide Werke ergänzen sich hervorragend: Während „Leg an!“ als praktischer Lotse in den Häfen dient, vermittelt „Der Bodensee“ das große Ganze – und macht Lust, auch abseits des Wassers auf Entdeckungsreise zu gehen.
Ein Thema, das man selten in Reiseberichten findet, das aber zum Leben an Bord gehört: die Toilette. Normalerweise sind die Sanitäranlagen in den Häfen wirklich gut ausgestattet und sehr sauber – kein Vergleich zu dem, was man vielleicht von Campingplätzen kennt. Doch manchmal kommt der Moment, in dem man dringend eine Toilette braucht und weit und breit keine in Sicht ist.
Und natürlich geschieht das immer zu einem ungünstigen Zeitpunkt: unterwegs, mitten auf dem See, oder nachts, wenn der Weg zum Hafenhaus weit ist.
Für diese Situationen haben wir eine Lösung gefunden: eine kleine Trenntoilette, unsere Trobolo Bilabox, Zuerst waren wir skeptisch, aber nach einigen Wochen an Bord sind wir überzeugt. Sie ist praktisch, geruchsfrei, schnell einsatzbereit – und gibt uns ein gutes Stück Unabhängigkeit. Eine Anschaffung, die wir nicht mehr missen möchten.
Wir stechen trotz des grauen Himmels von Hardt aus in See. Der Regen legt einen feinen Schleier über das Wasser, die Sicht ist gedämpft und es ist sehr still. Nur ein paar vereinzelte Kursschiffe ziehen ihre Linien – ansonsten gehört uns der Bodensee fast allein. Eine seltene, beinahe meditative Stille.
Unser Ziel ist Rorschach am südlichen Ufer, ein traditionsreicher Hafenort mit langer Geschichte. Der Plan: Von hier aus einen Abstecher ins Mineralheilbad St. Margrethen zu machen, das nur wenige Minuten mit dem Zug entfernt liegt. Warmes Thermalwasser lockt, besonders an solch kühlen Regentagen – ein wohltuender Kontrast zur feuchten Kälte auf dem Boot. Das Mineralbad ist sehr empfehlenswert, wenn auch nicht billig. Kurz vor dem Hafen tauchen Seezeichen im Wasser auf. Ihre Formen und Farben wirken im Regen verschwommen und wir sind uns unsicher, was sie genau bedeuten. Ein Blick in das Buch Bodenseeschifferpatent bringt die nötige Sicherheit. Der Hafen von Rorschach empfängt uns beinahe verlassen. Kaum ein anderes Boot liegt hier, wir finden ohne Mühe unseren gebuchten Liegeplatz. Unser Platz ist zentral, aber sehr unruhig – direkt am Fußgängerweg entlang des Ufers und nur wenige Schritte vom Bahnhof entfernt. Wir schlafen kaum in dieser Nacht, die Wellen lassen unser Boot hin und her schaukeln und wir sind in ständiger Sorge, auf die Mauer gedrückt zu werden. Auch diese Nacht überleben wir, sind aber froh, wieder aufbrechen zu können.
Eigentlich ist unser Ziel klar: Friedrichshafen, wo ein Familienbesuch im Krankenhaus auf uns wartet. Doch der Himmel meint es nicht gut mit uns. Dunkle Wolken türmen sich über dem See, die Luft ist schwer, und wir prüfen unablässig die Wetter-App. Sie meldet keinen Sturm – angeblich soll das Schlechtwetterfeld bald abziehen.
Wir überlegen, ob wir vorsichtshalber auf der schweizerischen Seite entlang nach Romanshorn fahren sollen. Dort wäre der See an seiner schmalen Stelle leichter zu queren und im Notfall könnten wir jederzeit in einen Hafen ausweichen. Doch schließlich entscheiden wir uns, direkt überzusetzen – ein Entschluss, der uns noch einige Nerven kosten wird.
Mitten auf dem See erscheint plötzlich die Starkwindwarnung: zuerst in Langenargen, kurz darauf in Eriskirch und schließlich auch in Friedrichshafen. Der Bodensee verfügt über ein einzigartiges Starkwind- und Sturmwarnsystem, das für alle Wassersportler lebenswichtig ist. An rund 60 Stationen entlang des Ufers stehen gelbe Blinklichter, die weithin sichtbar sind.
- Starkwindwarnung:
Die Lichter blinken 40 Mal pro Minute.
→ Das bedeutet, es können in Kürze Windgeschwindigkeiten von 25–33 Knoten (ca. 46–60 km/h) Segler sollten sofort vorsichtig werden, Segel verkleinern und die Rettungswesten bereithalten. - Sturmwarnung:
Die Lichter blinken 90 Mal pro Minute.
→ Jetzt ist mit Windstärken über 33 Knoten (mehr als 60 km/h) zu rechnen. Lebensgefahr für kleine Boote! Wer auf dem Wasser ist, sollte so schnell wie möglich einen Hafen anlaufen.
Gerade auf dem offenen See kann ein Sturm in kürzester Zeit aufziehen. Das System ist deshalb so ausgelegt, dass man die Warnungen von fast jedem Punkt des Bodensees erkennen kann.
Für uns auf dem Weg nach Friedrichshafen war die aufleuchtende Starkwindwarnung der Moment, in dem der Respekt in leichte Angst umschlug. Und genau dafür sind die Lichter da: um Segler wachzurütteln, rechtzeitig Entscheidungen zu treffen – und im Zweifel die sichere Variante zu wählen.
Das flaue Gefühl im Magen wird stärker. Wir ziehen unsere Schwimmwesten an. Der Wind frischt weiter auf, das Boot beginnt kräftig zu schaukeln. Dann die ersten Blitze am Himmel, der Regen prasselt in dichten Strömen herab. Aus dem geplanten Überqueren wird eine kleine Mutprobe. Wir halten Kurs auf Friedrichshafen. Jeder Meter zieht sich, die Konzentration ist hoch, das Adrenalin spürbar. Nun bekommen wir eine Ahnung davon, was es heißen könnte, in einen richtigen Sturm zu geraten – und wir wissen: Das wollen wir nicht erleben.
Schließlich erreichen wir den Hafen. Doch hier die nächste Überraschung: kein Platz frei. Gerade als wir schon verzweifeln wollen, kommt der Hafenmeister angerannt. Mit ruhigen Handgriffen weist er uns einen Platz im Päckchen zu – längsseits an einem anderen Boot festgemacht.
Für uns ist es das erste Mal, so zu liegen, und die Erleichterung ist unbeschreiblich. Als endlich die Leinen fest sind, öffnen wir unser Anlegerbier. Noch zittern die Hände ein wenig, doch der erste Schluck beruhigt die Nerven. Was bleibt, ist Dankbarkeit – für die Hilfe im Hafen, für ein Boot, das uns sicher durch Wind und Regen getragen hat und für die Erfahrung, die uns Respekt vor dem See noch einmal neu gelehrt hat.
Nach einer unruhigen Nacht brechen wir am Morgen auf. Mit an Bord ist mein Neffe, frisch im Besitz seines Segelpatents – die perfekte Gelegenheit, erste echte Seemeilen zu sammeln. Eine gleichmäßige, wunderbare Brise trägt uns zuverlässig und wir segeln in einem langen Schlag von sechs Stunden direkt nach Wallhausen – so lange am Stück waren wir bisher noch nicht unter Segeln unterwegs.
Im Hafen angekommen, wo sich Plätze bequem über Pompomela buchen lassen, treffen wir die Familie. Gemeinsam essen wir dort und genießen die entspannte Atmosphäre.
Den Abend lassen wir schließlich im Ufer 39 bei gutem Essen und schönen Gesprächen ausklingen.
Unser nächstes Ziel ist Meersburg. Die Überfahrt gelingt problemlos, wir liegen entspannt im BSB-Hafen. Die kleine Stadt lädt uns zum Erkunden ein und wir genießen den Aufenthalt an Land.
Am nächsten Tag wollen wir früh aufbrechen. Kaum aus dem Hafen heraus – noch vor dem Auslaufen des großen Kursschiffes – der Schreck: merkwürdige Motorgeräusche, dazu stinkender Qualm. In der Hafeneinfahrt bleibt uns nichts anderes übrig, als den Motor sofort abzustellen. In aller Eile Segel hoch – gerade noch rechtzeitig kommen wir um die Ecke. Das Kursschiff zeigt wenig Rücksicht, im Ernstfall wäre es vermutlich anders, doch in diesem Moment fühlt es sich bedrohlich an.
Die Ursache finden wir schnell: der Keilriemen ist gerissen. Sollen wir die rote Flagge setzen? Wir entscheiden uns dagegen und versuchen, unter Segel unseren Zielort Bodman zu erreichen. Die Durchquerung der vielbefahrenen Fährlinien zwischen Meersburg und Konstanz sorgt für ordentlich Anspannung – diese großen Schiffe fahren schnell, stur ihren Kurs und weichen keinen Meter aus. Besonders bei schwachem Wind ist es eine Herausforderung, rechtzeitig zu reagieren.
Bis Wallhausen schaffen wir es segelnd, dann schläft der Wind völlig ein. Ein Freund kommt uns zu Hilfe und schleppt uns die letzte Strecke. Schließlich sind wir wieder zu Hause – erschöpft, aber glücklich und um eine wertvolle Erfahrung reicher!
Unser Fazit
Ja, es war eng. Ja, es war wenig Komfort. Und ja – es gab immer etwas zu tun. Aber: es war herrlich! Wir konnten loslassen, entspannen und genießen. Keine einzige Erfahrung, keinen einzigen Tag möchten wir missen. Wir sind tiefenentspannt, stolz auf das Erlebte und freuen uns jetzt schon auf das nächste Abenteuer.Gerade das Loslassen – vom Perfektionismus, von Plänen und vom Alltag – macht eine Reise mit einem Segelschiff so besonders. Für die nächste Segelreise nehmen wir uns vor, öfter zu ankern und kleinere Häfen und Buchten zu erkunden!